Kriege und Krisen 1525 - 1871
Im Bauernkrieg 1524/25 kam es im Süden Deutschlands zu lokalen
Bauernaufständen, deren Ursachen in den immer höheren Lasten der Bauern
und in der Anwendung neuer Rechtsnormen zu finden sind. Als der ehemalige
Pfarrrer und nunmehrige Bauernführer Anton Eisenhut im Mai 1525 die
Bauern in den Kraichgauer Dörfern aufforderte, sich seinem Kraichgauer
Haufen anzuschließen, rotteten sich auch die Gemminger Bauern zusammen.
Der Ortsherr, Wolf von Gemmingen, trat aber unerschrocken mit den Worten
‘Wer gut gemmingisch ist, der trete herüber zu mir!’ vor die Gemminger
Bauernschaft, worauf alle, bis auf zwei, auf seine Seite traten. Der
Bauernaufstand fiel in Gemmingen auf keinen fruchtbaren Boden.
Im 30jährigen Krieg (1618 - 1648) befanden sich 1622 nach der Schlacht
von Wimpfen Truppen Tillys in der Eppinger Gegend. Sie hielten sich durch
Plünderung und Brandschatzung der umliegenden Dörfer ebenso schadlos wie
die später eintreffenden gegnerischen markgräflich-badischen Truppen. 1627
schlug Wallenstein sein Lager in Heilbronn auf und forderte Kontributionen
von den umliegenden Dörfern; 1631 waren es die Schweden unter Gustav
Adolf. Nach der verlorenen Schlacht bei Nördlingen 1634 flohen die
schwedischen Truppen gefolgt von den Kaiserlichen durch den Kraichgau.
Viele Dörfer wurden gebrandschatzt, die Bevölkerung floh, manches Dorf lag
menschenleer. In Gemmingen wurden das ‘Obere Schloss’ und das ‘Mittlere
Schloss’ zerstört. Erst nach Friedensschluss kehrte für einige Jahre Ruhe ein.
Der Pfälzische Erbfolgekrieg (1688 - 1697) brachte erneut Plünderung
und Zerstörung über den Kraichgau. Der französische König Ludwig XIV. hatte
völlig unberechtigt Erbansprüche auf die Kurpfalz erhoben und einen Krieg
angezettelt, in den mehrere Staaten hineingezogen wurden. "Brulez le
Palatina! Verbrennt die Pfalz!", so lautete der Befehl, den General Mélac
umsetzen sollte. Noch im Spätjahr 1688 waren französische Truppen in die
Gegend um Gemmingen und Stebbach vorgerückt.
Mélac selbst befand sich im Oktober 1688 in Eppingen, von wo er Dörfer
plündernd und brandschatzend ins Zabergäu zog. 1689 folgten die Reichstruppen mit mehreren tausend Mann
und 2500 Pferden, die über 7 Wochen verpflegt und untergebracht werden mussten. 1693 übergab der Kaiser
den Oberbefehl der Reichstruppen an Markgraf Ludwig Wilhelm von Baden, der unter dem Beinamen
'Türkenlouis' in ganz Deutschland berühmt geworden war. Er schlug sein Hauptquartier auf Stebbacher
Gemarkung auf und ließ sofort mit dem Bau einer Befestigungslinie zwischen Pforzheim und Neckargemünd
beginnen (Eppinger Linien). Zwar brachte diese Maßnahme nicht den sofortigen Erfolg, letztlich aber erreichte
der Markgraf den Schutz der hinter den Linien liegenden Dörfer und Städte und leitete damit einen wichtigen
Schritt zu Friedensverhandlungen ein, denn die Franzosen wagten es nicht, die Eppinger Linien, hinter denen
auch Stebbach und Gemmingen geschützt lagen, zu durchbrechen.
Während der Koalitionskriege (1792 - 1815) gegen das revolutionäre und später napoleonische Frankreich
war der Kraichgau immer wieder Aufmarsch- oder Durchmarschgebiet. Während der Kriegshandlungen musste
Gemmingen immer wieder Naturalien an die jeweiligen Kriegsparteien liefern. Nach dem Ende des dritten
Koalitionskriegs 1806 wurden die reichsritterschaftlichen Dörfer, die bisher nur ihrer Ortsherrschaft und dem
Kaiser unterstanden hatten, mediatisiert, d.h. einem Landesherrn unterstellt. Die Herren von Gemmingen
verloren nahezu alle ihre Souveränitätsrechte, blieben aber die Ortsherren in ihren Dörfern. So kam
Gemmingen nach vorherigem Streit mit Württemberg zum Großherzogtum Baden.
Im März 1848 kam es ausgelöst durch schlechte Ernten im Kraichgau zu
Hungerrevolten, der unter großer Not leidenden ländlichen Bevölkerung. Sie
markierten den Beginn der Badischen Revolution (1848/49).
Nach der Niederschlagung des ‘Hecker-Aufstandes’ im April 1848 avancierte der
wohlhabende Landwirt und Gemeinderat Johann Adam Rupp zunächst zum
Vorsitzenden des ‘Demokratischen Volksvereins’ und schließlich zum frei gewählten
Bürgermeister von Gemmingen. Als der preußische König im Mai 1849 die ihm
angebotene Kaiserkrone ablehnte, kam es in vielen deutschen Ländern zu Unruhen.
In der Festung Rastatt meuterten die Soldaten und kurz darauf fast das gesamte
badische Heer. Der Großherzog floh und überließ Baden den Revolutionären. In
Gemmingen wurde die Bürgerwehr mit Uniformen und Waffen ausgerüstet. Am 13.
Juni 1849 musste das 1. Aufgebot ausrücken. Bereits tags darauf kam es bei
Heidelberg zu ersten Kampfhandlungen mit dem von Preußen angeführten Heer des
Deutschen Bundes, das der badische Großherzog zu Hilfe gerufen hatte. Die
entscheidende Schlacht am 21. Juni 1849 bei Waghäusel endete mit der Niederlage
des Revolutionsheeres. Am 24. Juni wurde die Gemminger Bürgerwehr entwaffnet. Den Rädelsführern wurde
der Prozess gemacht, Baden bis 1852 militärisch besetzt. Johann Adam Rupp wurde zu 6 Jahren Zuchthaus
verurteilt, 5 weitere Revoluzzer aus Gemmingen zu mehrmonatigen Haftstrafen.
Die langersehnte Einigung Deutschlands wurde nicht durch das revoltierende Volk erreicht, sondern durch
einen Sieg der vereinten deutschen Truppen über Frankreich im Deutsch-Französischen Krieg (1870/71). Zu
ersten Gefechten kam es Anfang August 1870. Die Schlacht bei Sedan am 1. September 1870 und die
Einschließung von Metz entschieden den Krieg bereits nach wenigen Wochen. Der gemeinsam errungene Sieg
gegen Frankreich schuf die Grundlage für die Einigung Deutschlands durch die Fürsten unter der Führung des
preußischen Königs als ‘Deutschem Kaiser’. Die nationale Begeisterung und Freude über die Gründung des
Deutschen Reiches mit der Kaiserproklamation am 18. Januar 1871 erreichte einen Höhepunkt. Doch für
manche Familie war der Sieg über Frankreich und die Reichsgründung teuer erkauft, denn sechs Gemminger
fielen auf den Schlachtfeldern in Frankreich. (1. und 2. Weltkrieg siehe Gemmingen im 20. Jahrhundert 1)