Gemmingen - die erste Erwähnung
Die Ortsnamensschreibung war in früherer Zeit nicht durch Schreibregeln
festgelegt, sondern orientierte sich einzig und allein am Gehör und der Schreib-
sicherheit derer, die ein Wort, einen Namen oder Text aufschrieben.
So ist es zu erklären, dass innerhalb kurzer Zeit oder sogar innerhalb einer
Urkunde mehrere Schreibweisen ein und desselben Ortes zu lesen sind.
Erstmalige Erwähnung fand Gemmingen im Lorscher Codex, einem um-
fassenden Kopialbuch über Schenkungen und Stiftungen an das Kloster
Lorsch. Schon wenige Jahre nach der Gründung werden dem Kloster Land und
Höfe aus Dörfern des Elsenzgaus unter Nennung der Ortsnamen vermacht.
Stifter sind häufig freie Bauern, die in religiöser Absicht einen Teil ihres
Besitzes zu einem wohltätigen Zweck oder ‘um ihres Seelenheils willen’ an
das Kloster übertragen. Gemmingen wird neben Richen im Januar 769 als
Gemmincheim in einer Stiftung des Sigefolk genannt:
„Ich, Sigefolk, stifte im Namen Gottes dem heiligen Nazarius, dessen Leib im
Kloster Lorsch ruht, in der Markung Gemmingen 30 Morgen Land und eine
Wiese von 3 Fuhren Ertrag. Geschehen im Kloster Lorsch im Monat Januar im
ersten Jahr des Königs Karl“ (=769 n. Chr.).
Erstmals im 13. Jahrhundert taucht die Schreibung ‘Gemmingen’ auf und
wandelt sich anschließend nur noch geringfügig in Gemmyngen, Gemyngen,
Gemingen und schließlich wieder Gemmingen.
Die Bedeutung des Ortsnamens
Die Entstehung der Orte liegt meistens im geschichtlichen Dunkel. Auch das
Dorf Gemmingen bestand schon vor seiner ersten Erwähnung im Jahre 769;
es gibt lediglich keine schriftlichen Quellen aus früherer Zeit. Alleine die mehr
als 20 Schenkungen an das Kloster Lorsch im 8. und 9. Jahrhundert durch den
bereits erwähnten Sigefolk, durch Reginbert, Herolf und Fortwin ... beweisen,
dass mehreren freien Herren in Gemmingen Eigentum besaßen, über das sie frei verfügen konnten. Sie
gehörten den Franken an, die um 500 die Alemannen, die hier nach den Römern siedelten, in einem blutigen
Krieg aus dem Kraichgau vertrieben haben.
Vermutlich hat Gemmingen erst in der Frankenzeit, also nach 500, dörfliche Strukturen entwickelt. Der Ort
bekam den Namen des Sippenführers Gemminc, Gemmo, Gemmina. Gemmingen/Gemmincheim bedeutet also
Heim des Gemminc(h), wobei Heim im Sinne von Wohnsitz/Wohnstätte gemeint ist.
Die Römer, die nach den Kelten und vor den Alemannen einen Teil des deutschen Südwestens bis etwa 260
n. Chr. als ‘Provinz Obergermanien’ staatlich verwalteten, hinterließen bereits ihre Spuren. Eine Römerstraße
zwischen Stettfeld über Eppingen und die Gemarkung Gemmingen führte über Schwaigern ... nach Cannstatt.
In diesem Zusammenhang möchte eine in der Gemminger Ortschronik erwähnte Sage den Ursprung des
Dorfes sogar in die Römerzeit verlegen und den Ortsnamen als Heim des Römers Gemminus erklären, der hier
gelebt und einen Römerhof bewohnt haben könnte.
Ortsnamen im Kraichgau
Die ältesten germanischen Siedlungen auf Kraichgauer Boden dürften Gründungen der Alemannen (260 bis ca.
500 n. Chr.) oder der Franken (ab ca. 500) gewesen sein; ihre Namen enden auf ...ingen oder ...heim.
Auffallend ist, dass viele Ortsnamen unseres Heimatraumes aus zwei Wortteilen bestehen, die Hinweise auf
eine Person oder auf örtliche Besonderheiten, aber auch auf geografische Lagen wie ...bach, ...bronn, ...feld
geben. Die ...ingen und ...heim-Orte finden sich vor allem in den fruchtbaren Niederungen des Kraichgauer
Hügellands. Die kontinuierliche Besiedelung dieser Orte über Jahrtausende hinweg ist durch Funde belegt.