Gemmingen 1945 - 1969
Der 2. Weltkrieg endete in Gemmingen Anfang April 1945 mit der Besetzung
des Dorfes durch französische und amerikanische Truppen.
Am Tag der bedingungslosen Kapitulation am 8. Mai 1945 wurden alle
nationalsozialistischen Bürgermeister ihres Amtes enthoben. Tags darauf
setzte der amtierende Landrat mit Karl Ernst einen Mann zum Bürgermeister
ein, der der Kungelei mit den Nationalsozialisten unverdächtig war. Bis Juni
1945 verwalteten die US-Amerikaner den Ort, dann die Franzosen und ab Juli
wieder die Amerikaner: „Auf Befehl der Amerikanischen Militärregierung
untersteht der frühere Landkreis Sinsheim ab Sonntag, den 8. Juli mittags
12 Uhr, der Amerikanischen Militärregierung. Ab diesem Zeitpunkt gelten für
den ganzen Landkreis die Gesetze der Amerikanischen Militärverwaltung."
Anfang 1946 trafen die ersten Heimatvertriebenen in Gemmingen ein; sie
kamen aus der Tschechoslowakei, aus Ungarn, Jugoslawien und den ehemals
reichsdeutschen Gebieten im Osten. Für alle musste Wohnraum beschafft
werden. Bis zum Herbst 1946 hatte Gemmingen durch Evakuierte, die schon
während des Krieges im Dorf einquartiert worden waren, Ostflüchtlinge und
Heimatvertriebene um mehrere hundert Einwohner zugenommen. Nach einer
amtlichen Statistik von 1948 kamen zu den 1149 Gemminger Bürgern 125
Evakuierte und 682 Heimatvertriebene hinzu. Zwar war Gemmingen damit
nicht wie Stebbach mit mehr als 100% seiner damaligen Einwohnerzahl
zusätzlich belegt worden, sondern „nur” mit ca. 70%, doch auch die mussten
zunächst einmal untergebracht und versorgt werden.
Bürgermeister Ernst schrieb an den Landrat: „Bei dem heutigen Einwohner-
stand ist der vorhandene Wohnraum derart ausgefüllt, dass eine abermalige
Zuweisung von Flüchtlingen nicht mehr bewältigt werden kann. Selbst bei
Anwendung von Härten wäre hier in Gemmingen kein Wohnraum zu
schaffen, zumal ich heute noch ca. 100 Personen in Notquartieren unter-
gebracht habe, die alle darauf warten, endlich auch einmal eine Wohnung zu
besitzen.“
Nicht nur die extreme Wohnungsnot, auch die Versorgung der Bevölkerung mit Kleidung und Nahrung war
nach den Requirierungen 1946 und 1947 nicht mehr sichergestellt. Die Lage spitzte sich wegen einer
schlechten Ernte 1948 dramatisch zu. Die Hilfe kam in Form des Marshall-Plans, der bereits mit seiner
Ankündigung in Westeuropa zu einer deutlichen Belebung der Wirtschaft und einer besseren Versorgung der
Bevölkerung beitrug. Am 20. Juni 1948 wurde die Währungsreform durchgeführt, deren Auswirkungen bald
überall zu spüren waren. Langsam begann sich das wirtschaftliche Leben auch in den Dörfern zu entwickeln
und wieder zu normalisieren.
1952 konnte endlich mit dem Bau einer zentralen Wasserversorgung begonnen und damit ein lang gehegter
Wunsch der Gemminger Bürger gemeinsam mit der Gemeinde Stebbach noch im selben Jahr verwirklicht
werden. (siehe Infrastruktur und Versorgung)
Den Anstoß zur Bildung einer selbständigen katholischen Pfarr-
gemeinde gaben die vielen Katholiken unter den Heimatvertriebenen,
die seit 1946 in Gemmingen und Stebbach ansässig geworden waren.
1953 ging man unter tatkräftiger Mithilfe der gesamten katholischen
Bevölkerung an den Bau einer Kirche und eines Pfarrhauses. Bereits
im Dezember desselben Jahres konnte das Gotteshaus konsekriert
werden. Zehn Jahre später baute die Kirchengemeinde einen
freistehenden Turm neben das Gotteshaus.
Größere Vorhaben der Gemeinde in den 1960er-Jahren waren der
Bau einer Ortskanalisation, einer Kläranlage, der weitere Ausbau der
Wasserversorgung, die Ortsbachverdolung, die Erschließung von
Industriegelände, ein Kindergartenneubau, die Anlage eines neuen Sportplatzes mit einem Sportheim,
Baulandumlegungen und -erschließungen sowie der Straßen- und Gehwegbau.
1969 konnte Gemmingen mit der 1200-Jahr-Feier das Jubiläum seiner ersten urkundlichen Erwähnung im
Jahre 769 begehen. Die Festlichkeiten dauerten mehrere Tage und wurden von der Gemminger Bevölkerung
mit hohem Engagement und großer Freude zelebriert.
Fotos vom Umzug anlässlich der 1200-Jahr-Feier in Gemmingen vom 18. - 21. Juli 1969