Schultheiße, Vögte, Bürgermeister
Ein reichsritterschaftliches Dorf wie Gemmingen besaß schon in früheren
Jahrhunderten eine eingeschränkte örtliche Selbstverwaltung. Seit Alters her
setzte die Ortsherrschaft dazu eine Person ihres Vertrauens ein, die die
Einhaltung der auf den Dörfern geltenden Dorfordnungen überwachte und
nötigenfalls auch durchsetzte. Dieses wichtige und bedeutungsvolle Amt
zwischen den Bürgern und der Herrschaft bekleidete der Schultheiß - später
wechselte die Amtsbezeichnung auf Vogt. Bei der Durchführung seiner
Aufgaben stand ihm das aus den zwölf gewählten Gerichtsverwandten
bestehende Ortsgericht, der Zwölfer, zur Seite. Der Schultheiß war selbst ein
Glied der Gemeinde und hatte darauf zu achten, dass die Dorfbevölkerung
ihren Pflichten nachkam; er verkündete die Anordnungen der Ortsherren, war
in deren Abwesenheit mit der ‘Niederen Gerichtsbarkeit’ betraut und
überwachte die Amtsführung der beiden Bürgermeister, die in damaliger Zeit
als Rechnungsführer fungierten. Ein Mitglied des Ortsgericht bekleidete das
Amt des Anwalts. Er musste ein rechtskundiger und wortgewandter Mann
sein, denn er hatte einem Beschuldigten vor dem Ruggericht beizustehen.
Zur Verhandlung kamen Beleidigungen, Verleumdungen, Tätlichkeiten,
Raufereien, Feldfrevel, Diebstähle und andere kleinere Delikte des Alltags.
Seit 1497 besaßen die Herren von Gemmingen in Gemmingen das Recht der
‘Hohen Gerichtsbarkeit’ und konnten Schwerverbrecher gefangen setzen und
verurteilen lassen. Der Schultheiß fungierte im Auftrag der Ortsherrschaft als
Vorsitzender des Malefizgerichts; die Gerichtsverwandten als Gremium des
Dorfes unterstützten ihn bei der Urteilsfindung über Leben und Tod.
Liste der Schultheiße und Vögte von Gemmingen (Lebensdaten):
Andreas Rüb (... 1563 ...), Michael Arnold Reußner (-), Georg Hirt (1618-
1695), Johannes Hacker (1638-1712), Andreas Stählin (1658-1719),
Johannes Beck (1671-1729), Johannes Buchmüller (1667-1736), Michael
Adam Schmidt (1661-1748), Johann Dietrich Zimmermann (1705-1771),
Johann Dietrich Stößer (1705-1792), Johann Michael Stichling (1751-1814),
Johann Martin Stichling (1780-1857).
Seit 1832 heißen die Ortsvorsteher
in den jetzt badischen Gemeinden
‘Bürgermeister’.
Zur Beratung und Beschlussfassung
wurde dem Bürgermeister schon
damals ein Gemeinderat zur Seite
gestellt. Der Bürgermeister hatte
als ausführendes Gemeindeorgan
die Gesetze zu verkünden und auch
zu vollziehen. Er verwaltete das
Gemeindevermögen, außerdem war
er Vorsitzender des Gemeinderats.
Zu seinen Amtspflichten gehörte
die Aufsicht über die Ortspolizei,
und er war befugt, kleinere Strafen
selbst auszusprechen.
Die Bürgermeister in Baden-Württemberg sind heute Vorsitzende des
Gemeinderates und Leiter der Gemeindeverwaltung. Sie vertreten die
Gemeinde nach außen. Ihre Amtszeit beträgt acht Jahre.
Liste der Bürgermeister von Gemmingen (Amtszeit):
Johann Georg Schmidt 1832-1848 und von 1849-1862, Johann Adam Rupp
1848-1849, Friedrich Kleinheins 1862-1870, Michael Monninger 1870-1876,
Friedrich Monninger 1876-1882, Heinrich Betz 1882-1915, Friedrich Bernhard
Monninger 1915-1934, Adolph Bechdolf 1934-1945, Karl Ernst 1945-1964,
Adam Ebert 1964-1972, Werner Reiner 1972-2001, Timo Wolf seit 2001
Gemminger Wappen
„In gespaltenem Schild vorne
in Silber auf grünem Dreiberg
ein grüner Weinstock mit drei
blauen Trauben. Hinten in Rot
eine goldene Pflugschar.“
Auf der Basis eines früheren
Gerichtssiegels entwarf das
Generallandesarchiv Karlsruhe
1901 das Gemminger Wappen.
Die Symbolik verweist auf den
landwirtschaftlichen Charakter
der Gemeinde.